Nicole, du bist ja so etwas wie eine Allroundbegabung: Managerin und Marketingexpertin, mehrfache Weltmeisterin im Boxen, Dritte der ORF-Staffel „Dancing Stars“ im Gesellschaftstanz und danach Einstieg in unterschiedlichste Tanzrichtungen im Bühnentanz im Performing Center Austria.
Das sind so unterschiedliche Richtungen, dass man sich interessiert fragt, wie der Mensch Nicole Wesner so „tickt“. Wenn man ihr gegenübersitzt, dann merkt man gleich, dass da viel positive Energie und eine angenehme Natürlichkeit ausgestrahlt wird. Aber fragen wir sie gleich, wie sie sich selber in einer Kurcharakterisierung beschreiben würde.
Nicole: Ich bin ein sehr optimistischer und positiver Mensch. Negative Gedanken haben nicht viel Platz in meinem Leben. Ich glaube an das Gesetz der Anziehung, daher macht das Leben mit einem positiven Mindset nicht nur mehr Spass, sondern bringt einem auch an die persönlichen und beruflichen Ziele.
Mein Lebensmotto ist „Wenn Du etwas tust, dann tue es mit Deinem ganzen Herzen“ und „Grenzen gibt es nur im Kopf“. Ich bin der Überzeugung, wenn man für etwas brennt, dass dann auch sehr viel möglich ist.
Ein Großteil der Menschen schreckt vor Neuem, Unbekannten und Veränderung zurück. Kann man sagen, dass bei dir das genaue Gegenteil der Fall ist? Dass du die Herausforderungen des Neuen sogar suchst?
Nicole: Ja, das kann man wohl sagen. Ich lerne gerne, es gibt mir das Gefühl zu leben. Es muss nicht immer etwas komplett Neues sein, es kann zum Beispiel auch eine neue Bewegung sein von etwas, was ich schon praktiziere wie z.B. Boxen. Aber komplett neue Dinge zu lernen, hat natürlich seinen besonderen Reiz. Es ist wie ein Samen, den man pflanzt, täglich gießt und eines Tages sieht man, wie es aus der Erde sprießt.
Für Außenstehende hat Boxen, bei dem es um Wirkungstreffer und Niederschlägen geht so überhaupt nichts mit Tanzen zu tun. Wie siehst du das und gibt es dabei vielleicht doch Überschneidungen?
Nicole: Einige Dinge sind sehr unterschiedlich, aber es gibt tatsächlich viele Gemeinsamkeiten. Auf der technischen Ebene ist es so, dass man beim Tanzen und Boxen das Gewicht auf dem Ballen hat und sich leichtfüssig bewegt. Paartanz und Boxen hat etwas sehr Wichtiges gemeinsam: man muss den Partner bzw. gegenüber lesen und spüren.
Kurzer Blick zu „Dancing Stars“! Welcher Herausforderung oder Überwindung war dort für dich am schwersten und welcher Tanzstil liegt dir beim Gesellschaftstanz am besten?
Nicole: Die Haltung bei den Standard-Tänzen war für mich als Boxerin besonders schwierig. Beim Boxen hat man eine sehr geschlossene Haltung, um seinen Körper zu schützen. Das Kinn zeigt nach unten, die Schultern gehen nach vorne. Bei Standardtänzen wie Walzer gehen die Schulter zurück, Kinn nach oben und der Körper ist sehr offen- also genau das Gegenteil vom Boxen. Trotz dieser Schwierigkeiten habe ich in den Standardtänzen dennoch immer gute Punkte geholt. Bei den Lateintänzen hat mir Jive am besten gelegen.
Die meisten Punkte habe ich jedoch nicht in den Paar-Tänzen geholt, sondern im Contemporary Dance und Hip Hop! (40 Punkte). Beide habe ich übrigens in YouTube hochgeladen, wenn es wen interessieren sollte
Im Performing Center Austria besuchst du Anfänger- und Fortgeschritten Kurse für Adults in klassischem Ballett und Modern Dance. Welche Tanzrichtung kommt dir da am meisten entgegen bzw. was macht dir am meisten Spaß?
Nicole: Jazztanz habe ich noch nicht begonnen, möchte es aber. Ich kann eigentlich nicht sagen, was mehr Spaß macht, da Modern Dance und Ballett so unterschiedlich ist.
Ballett ist sehr gut für die Beweglichkeit und Haltung und sollte meiner Meinung nach eigentlich von jedem Leistungssportler ergänzend besucht werden.
Und außerdem ist Ballett eine tolle Basis für alle weiteren Tänze. Modern Dance war bei Dancing Stars, der Tanz, der mir am leichtesten gefallen ist, allerdings hängt bei mir da der Spaßfaktor extrem von der Musik ab.
Gesellschaftstanz ist doch etwas ganz anderes als Bühnentanz. Was sind für dich die größten Unterschiede und was schätzt du beim Gesellschaftstanz und was beim Bühnentanz?
Nicole: Zum Thema Bühnentanz kann ich leider noch nicht viel sagen, da ich hier noch nicht viel Erfahrung habe. Ich mag es beim Paartanz sich mit dem Partner und der Musik zu verbinden und „eins“ zu sein. Ich hoffe, dass ich das Niveau beim Bühnentanz bald erreiche, dass ich die Verbindung zur Musik und Gruppe ebenso spüre. Das ist für mich das Faszinierende beim Tanzen, egal welche Tanzrichtung.
Du hast Boxen, Gesellschaftstanz und Bühnentanz in einem Alter begonnen, in dem „Otto Normalverbraucher“ sagen würde, dass man das normalerweise viel früher, im Jugendalter, hätte beginnen müssen. Du beweist eindrucksvoll das Gegenteil. Aber gibt es irgendetwas, bei dem du bereust, dass du es nicht schon viel früher begonnen hast?
Nicole: Ich bereue eigentlich nichts im Leben, denn mein bisheriger Lebensweg hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Aber einige Dinge finde ich schade. Zum Beispiel wollte ich mit 15 nach Beendigung aller Tanzschulkurse unbedingt Tuniertänzerin werden. Mangels Tanzpartner ist damals leider nichts daraus geworden. Schade, dass ich nicht die Idee für Bühnentanz hatte, denn dafür braucht man keinen Tanzpartner.
Und ich finde es schade, dass ich aufgehört habe zu singen. Ich habe 13 Jahre im Schulchor gesungen und es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Vielleicht gehe ich das wieder in der Zukunft an.
Man sagt, dass irgendwann in einem Leben Mentoren für jeden erfolgreichen Menschen von großer Wichtigkeit sind. Gibt es ein Motto, das du einem jungen Menschen, der seine sportlichen oder künstlerischen Träume unbedingt erfüllen will, mitgeben würdest?
Nicole: Wer Sportler oder Künstler werden will, wird von seinem Umfeld meistens damit konfrontiert, dass es schwierig ist davon zu leben.
Wenn man jedoch eine große Leidenschaft für etwas hat, dann ist es allerdings die beste Basis gut zu sein und dann wird man auch Wege finden, dass man davon leben kann. Daher ist das Wichtige die Leidenschaft und Hingabe für den Sport bzw. für die Kunst. Das bedeutet, dass man wirklich für den Sport oder die Kunst lebt und sich stets damit auseinandersetzt. Nur die Trainingseinheiten abhaken reicht nicht. Große Sportler oder große Künstler haben meist eine Art Besessenheit. Sie lieben so sehr, was sie tun, dass sie sich fast rund um die Uhr damit beschäftigen. Nicht, weil sie das Gefühl haben, es tun zu müssen, sondern weil sie es wollen.
Die Leidenschaft ist der Motor für alles, daher darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen (Umfeld, Kollegen..).
Wir haben im Performing Center Austria mit der Performing Academy ja auch eine der führenden Musicalausbildungen im deutschsprachigen Raum. Hast du dir schon einmal überlegt, auch mit Singen und Schauspielen zu beginnen?
Nicole: Ich habe es mir tatsächlich schon oft überlegt! Als Kind war ich in der Theater AG der Schule und war wie gesagt 13 Jahre im Schulchor, daher wollte ich bis ins Teenager-Alter gerne etwas mit Schauspiel oder Musical machen. Ich habe mich damals nicht getraut, weil ich eher einen „sicheren“ Job wollte. Also habe ich BWL studiert und über 10 Jahre in der Wirtschaft gearbeitet bis ich alles schmiss, um Boxerin zu werden. Heute weiss ich, dass Sicherheit nicht alles ist im Leben.
Welches Musical würdest du zurzeit als dein „favourite Musical“ bezeichnen?
Nicole: Leider habe ich viel zu wenig Musicals gesehen, aber ich kippe gerade etwas rein und schaue mir momentan einige Musicals an. Frag mich in einem Jahr nochmal!
Hast du das Box-Musical „Rocky“ schon einmal auf der Bühne gesehen? Welche Figur in einem Musical würde deinem Charakter am nächsten kommen?
Nicole: Das Musical Rocky habe ich noch nicht gesehen, aber ich kenne natürlich die Filme. Dort würde wahrscheinlich die Rolle von Rocky oder die des Trainers wg. des Boxbezugs am besten passen.
Nach einer Handverletzung gibst du ja in Kürze dein Comeback beim Boxen. Welche Fixtermine stehen denn da im Jahr 2020 für dich am sportlichen Terminplan?
Nicole: Momentan haben wir geplant, dass ich im April, spätestens Mai wieder um die Weltmeisterschaft boxe. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich dann im Dezember wieder im Ring stehe. Ich habe ja auch mit Tuniertanzen begonnen, da könnte auch noch was passieren nächstes Jahr.
Bei deiner Vita fragt man sich, was Nicole Wesner wohl in zehn Jahren macht. Also gleich die Frage an dich: Wo siehst du dich in zehn Jahren?
Nicole: Ich merke, dass das Tanzen eine immer größere Bedeutung in meinem Leben spielt, daher bin ich mir ziemlich sicher, dass ich in 10 Jahre immer noch tanze und hoffe auch, dass ich bis dahin auch eine gute Tänzerin geworden bin. Sport wird definitiv eine Rolle in meinem Leben spielen und ich mag auch die Kombination aus Tanzen und Kampfsport.
Du schreibst auf deiner Homepage, dass du dich als Halb-Deutsche (Köln, Mannheim) und Halb-Österreicherin fühlst. Uns interessiert da natürlich, wo deine bevorzugten Plätze in Wien sind, an denen du dich wohl fühlst!
Nicole: Ich liebe den Naschmarkt und das Museumsquartier sowie die Alte Donau.
Nicole, wir bedanken und bei dir für das interessante Gespräch und wünschen dir beim Tanzen im Performing Center Austria noch viele spannende Einheiten und Stunden.
(Wer mehr über Nicole Wesner erfahren will, sollte sich ihre Homepage nicht entgehen lassen!)