Alle wollten und kamen auch, am 26. – und 27. April, ins Theater Akzent, um ein letztes Mal den Abschluss-Jahrgang 2012/2013 der PERFORMING ACADEMY gemeinsam auf der Bühne zu sehen. Zum ersten Mal in einem Stück, das von einem Jahrgangskollegen, Benedikt Karasek, geschriebenen wurde. Nicht irgendein Stück also, nein, eine „Musical-Comedy“ durfte erwartet werden. An sich schon eine besondere Herausforderung innerhalb des Genres Musiktheater und dazu noch eine wunderbare Chance, allen Absolventinnen eine individuelle Charakterrolle auf den Leib zu schneidern, die es einfordert, alle Facetten des in den drei Jahren erlernten Könnens voll auszuspielen. Und diese Möglichkeit wollte genutzt werden.
Das ist gelungen, soviel schon mal vorweg. Besonders erwähnenswert dabei noch einmal der Aspekt, dass in diesem Stück tatsächlich in allen drei Disziplinen des Musiktheaters, dem Tanz, Gesang und Schauspiel viel verlangt, aber auch viel eingelöst wurde. Die rasante Verwechslungskomödie lebte vom Schauspiel und dessen Timing und bei diesem Tempo auch noch stimmlich und tänzerisch immer am Punkt „da“ sein zu können, ist beinahe immer gelungen. Respekt.
Mit „Magic to Do“ einer verrucht- verlockenden Jazz-Choreografie eröffnet der dritte Jahrgang den Abend und übergibt an eine hinreisend elegante Clara Montocchio als „Direktorin“ des Voulez-Vous und den nicht weniger charmanten David Schuler , in der Rolle des Kellners „Eddie“. Spätestens wenn Julia Edtmeier als herrlich arrogant-unterkühlte „Businessfrau“ die Szenerie betritt und es zur ersten folgenschweren Verwechslung kommt, beginnt man zu ahnen, wohin die Reise geht.
Und die nimmt rasant Fahrt auf, als mit Benedikt Karasek und Johanna Mucha das erdig-urige Ehepaar lautstark und Dialektfest auftritt und binnen weniger Sätze endgültig klar wird, warum es sich bei „Voulez-Vous „ um eine Musical-Comedy handelt.
Gegen die beiden Raubeine vom Land hält Sarah Est in ihrer Rolle als getarnte Kritikerin zunächst mit freundlicher Sanftheit dagegen und legt dann mit ihrem swingenden Solo-Song „You Could Drive a Person Crazy“ stimmlich und darstellerisch die Messlatte schon mal ordentlich hoch, ganz im Sinne der musikalischen Leitung, Marie Landreth.
Doch Benedikt nimmt die Herausforderung an und unterhält bestens, stimmlich wie bewegungstechnisch mit allen Wassern gewaschen, mit einem ungewöhnlichen Medley aus „Merci Cherie“, „Was kann der Sigismund dafür“ und „Haben Sie gehört die deutsche Band“.
Mit Michael Mayer als Junggeselle „Ernst Mac Rolex Jr.“ bereichert ein weiterer unverwechselbarer Typ die Szenerie, der das Publikum alleine mit seiner Haltung und köstlichem Minenspiel zum Lachen reizte. Apropos reizend – dieses Adjektiv beschreibt Clara Mills-Karzel in der Rolle der „Diva La Roche“ recht gut aber unzureichend. Für die Figur müssen da noch „unvergleichlich“ und „bezaubernd“ dazukommen und für deren Darstellerin „Mut“, „Solidarität“ und „Professionalität“. Denn obwohl eine Krankheit Clara und ihren Stimmbändern stark zugesetzt hatte, performte sie an beiden Abenden in einer Weise, die ihr den Respekt von Publikum und Kolleginnen einbrachte. Sicher nicht einfach bei der eigenen Abschlussshow, bei der es aus vielerlei Gründen besonders wichtig ist, sich perfekt zu präsentieren und dann noch in einer Rolle, die selbst als Sing-Star gezeichnet ist und mit „Gimme Gimme“ ihren großen Auftritt hat.
Im Voulez-Vous trifft inzwischen Tiziana Turano als liebenswert, über-intellektuelle „Nerdin Esther“ auf der Suche nach ihrem, mit ihrer gravierenden Kurzsichtigkeit korrespondierenden, „Blind Date“, auf den entnervten Ehemann, was wiederum dessen Frau, inzwischen zu Ausfälligkeiten und Handgreiflichkeiten neigend, gar nicht goutiert.
Mit „Smoothe Criminal“, in einer der tollen Choreografie von Sabine Arthold wird es gefährlich italienisch und „Francesca Fattore“, alias „Die Patin“ alias Nicole Lubinger tritt auf. Nicole bewies mit ihren Solonummern „Brindisi“ und „Be Italian“ eine Stimmgewalt, die sie auch im sogn. „Ernsten Fach“ problemlos verorten würde.
Wunderbar authentisch mafiös begleitet wurde sie vom wirklich tollen Ensemble aus dem 2. Jahrgang, mit Dance Captain Marina Petkov sowie Barbara Castka, Nicolas Christahl, Roberto Martinelli und Lukas Strasser, das generell dem 3. Jahrgang mit ihrem Engagement einen wahrlich guten Dienst erwiesen hat.
Doch böse Mädchen und Buben ziehen das Gute magisch an und das tritt in Gestalt der Nonne „Schwester Maria-Benedikte“, bei genauerem Hinsehen unter den Habit aber spätestens durch ihr unverwechselbares Schauspiel identifizierbar, als Melanie Böhm.
Bevor es nach diesem himmlischen Auftritt mit einer fulminanten Tanz-Inszenierung von „Schöne Grüße aus der Hölle“ mit dem gesamten Ensemble in die Pause geht, zeigt „Direktorin“ Clara Montocchio mit dem Solotitel „Der Hit jeder Party“, dass sie in Zukunft der Hit jeder Musiktheater-Produktion sein kann.
Am Beginn des zweiten Aktes holt das Ensemble mit „Voulez-Vous“ aus „Mamma Mia“ das Publikum sofort zurück in die Geschichte, in der Sarah Est, berufsbedingt neugierig, nicht nur Persönliches, sondern vor allem „die Gefühle einer Frau“ aus der Businesslady an der Bar herauskitzelt.
Julia Edtmeier quittiert das mit ihrem Solo-Gesangspart „Schafft die Männer ran“ und demonstriert mit der ihr eigenen Souveränität, was an der Performing Academy gemeint ist, wenn davon gesprochen wird, dass hier Allrounder ausgebildet werden.
Sie bleibt nicht ungehört und Kellner „Eddie“, in Person des David Schuler, spürt sich mit seinem Solo-Song „Tief in mir“ ebenfalls zur auftauenden Business-Lady hingezogen, was durch seine gefühlvolle Interpretation bis in die letzte ZuseherInnen-Reihe nachvollziehbar wurde.
Endlich treffen auch die Nerdin und der verschrobene Junggeselle aufeinander, was vor allem für das verwechslungsleidgeprüfte Ehepaar einiges klärt und Johanna Mucha nach ihrer durchgängig höchst amüsanten Schauspielperformance nun mit ihrer Solo-Titel „Call from the Vatikan“ Gelegenheit gibt gleichzeitig starke Stimme und wildes Temperament zu zeigen – und das gelingt ihr bestens.
Zeit für ein wenig Romantik und wer könnte diese besser ins Spiel bringen, als die hinreißende Tiziana Turano, die mit der gefühlvollen Solo-Balade „Call the Man“ das gesamte Theater in romantische Stimmung versetzt, was an ihrer Stimme ebenso wie an ihrer Interpretation lag, aber auch Regisseur Norbert Holoubek zu danken ist, der diese Szene, wie auch alle gelungenen szenischen Episoden davor, so einfallsreich und einfühlsam mit den StudentInnen erarbeitet hat.
Wie z.B. auch jene Szene, in der nicht nur die ehrwürdige „Schwester Maria-Benedikte“ ihr großes Outing, sondern ihr Alter Ego Melanie Böhm mit „Manhunt“ ihren großen Solo-Auftritt hat. Auch sie zeigt die Trias der ausbildungsschwerpunkte Tanz, Gesang und Schauspiel auf hohem Niveau und schöpft aus, was die Möglichkeiten einer Live-Performance mit Life-Musikbegleitung durch Birgit Zach am Klavier, Franz Hofferer an den Drums, Francis Montocchio an der Gitarre und Sylvain Deslandes am Bass, offerieren.
Fehlt nur noch Michael Mayer, der als reicher aber sozial-kreativer Erbe, wie bereits erwähnt schauspielerisch und in den Tanzeinlagen während des gesamten Stückes starke Präsenz zeigte, die er jetzt nach den Ensemble-Nummern auch solo mit „Use What You Got“ gesanglich einlösen konnte.
Einen fulminanten Abschied für das Stück und für diesen Jahrgang in dieser Konstellation auf einer Bühne bildete am Ende „There`s No Business Like Show Business“ und in einer persönlicheren Form die anrührende Zugabe, die die elf AbsolventInnen ganz am Ende, sich an den Händen haltend, noch zum Besten gaben.
Wir wünschen ihnen, dass sie dieses Bild und all die starken Gefühle und Impressionen dieses Abends, auf der Bühne, Backstages und aus den Publikumsreihen mit hineinnehmen in ihr nun beginnendes Berufsleben, das sie lange mit eben dieser Freude und Begeisterung erfüllen soll.
Wir wissen, dass wir euch wiedersehen und freuen uns darauf – ToiToiToi!